top of page

PSYCHOTHERAPIE ODER COACHING? + DIE ROLLE EINER DIAGNOSE

Dieser Artikel bezieht sich auf die Rechtslage in Deutschland. Bitte beachte, dass sich Gesetze immer wieder ändern können und trotz sorgfältiger Recherchen keine Garantie für die Richtigkeit der Angaben übernommen werden kann.


In diesem Artikel erfährst du:

  • wann Psychotherapie oder Coaching/Beratung für dich die geeignete Wahl sind

  • wie du mit einer möglichen Diagnose umgehen kannst

  • wie du damit umgehen kannst, wenn du den Verdacht hast, jemand in deinem Umfeld könnte Unterstützung brauchen


Beispiele für Anliegen: Coaching/Beratung vs. Therapie

Tut mir leid, dass du oder jemand in deinem Umfeld gerade Schwierigkeiten erleb(s)t - aber schön, dass du überlegst, dir Unterstützung zu suchen bzw. dich nach Unterstützungsmöglichkeiten für diese Person erkundigst :) Wenn du noch unsicher bist, ob Coaching oder Therapie die bessere Wahl für das Anliegen ist, bist du in diesem Artikel genau richtig.


Erstmal vorweg: Coaching/Beratung ist immer eine gute Idee, egal, in welcher Lebenslage du steckst! Kein Problem ist zu klein, um es nicht auch einfach mal mit einer neutralen Person zu besprechen, die dir wertvolle Impulse von außen und so mehr Klarheit geben kann. Bei Coaching/Beratung handelt es sich damit um eine wichtige Säule der Prävention für mentale Gesundheit.


In einem Coaching/einer Beratung bist du z. B. mit folgenden Anliegen gut aufgehoben:

  • du stehst vor einer schwierigen Entscheidung

  • du befindest dich in einer Sinnkrise und suchst nach (Neu-)Orientierung im Beruf, in der Beziehung oder einem anderen Lebensbereich

  • du befindest dich in einem offenen oder verdeckten Konflikt mit einem*r Kolleg*in, Freund*in, Familienmitglied etc.

  • du fühlst dich überfordert mit etwas oder jemandem, möchtest deine Resilienz stärken, erlebst z. B. Prokrastination, Zweifel an dir selbst, möchtest bestimmte Muster durchbrechen etc.

  • du hast Fragen bzgl. deiner Partnerschaft, Kindeserziehung bzw. Beziehungsgestaltung jeglicher Form

  • du möchtest dein Selbstbewusstsein bzw. dein Selbstwertgefühl stärken und deine Selbstfürsorge verbessern


Allerdings ist der Übergang von Prävention zu Intervention/Therapie oft fließend und auch in ein Coaching oder eine Beratung gehst du wahrscheinlich eher, wenn du schon einen gewissen Leidensdruck empfindest. Die Frage nach der Abgrenzung ist also berechtigt: wann sollte ich lieber eine Therapie in Anspruch nehmen?


...und wenn das, was ich erlebe, nicht "normal" ist?

Die Frage nach einer Diagnose kann sehr wichtig sein, wenn du vor der Entscheidung stehst, ob du lieber eine Psychotherapie oder ein Coaching machen solltest. Wenn du also den Verdacht hast, du könntest die Kriterien für eine psychische Störung erfüllen, dann klär das bitte unbedingt mit einem/r Psycholog*in, Psychotherapeut*in oder in einer psychologischen Beratungsstelle ab, um Klarheit zu haben und auch um sicherzustellen, dass du die richtige Behandlung bekommst! Diagnosen können Sicherheit geben: manchmal ist es erleichternd, dass das, was du erlebst, einen Namen hat. Vielleicht gibt sie dir auch endlich die "Rechtfertigung", die du brauchtest, um dir Hilfe zu holen oder eine Pause zu machen. Sie ermöglichen außerdem einen gewissen “Behandlungsplan” - wenn man weiß, was die Person “hat”, weiß man auch besser, was ihr helfen könnte.


Good to know: Bevor du eine Psychotherapie beginnst, erhältst du auf jeden Fall eine Diagnose. Sonst kann sie nämlich nicht mit der Krankenkasse abgerechnet werden. Das muss nicht immer aussagekräftig sein; es gibt durchaus Diagnosen, die zurechtgebogen werden können, um eine kassenfinanzierte Therapie zu rechtfertigen.


Wird dann tatsächlich eine Diagnose gestellt, ist das kein Grund zur Verzweiflung. Sie muss kein Label, keine Schublade und auch nicht für immer ein Teil von dir sein. Diagnosen sind meist nur Momentaufnahmen. Sie kommen und gehen - nur, weil du in einer Phase deines Lebens vielleicht die Diagnosekriterien für z. B. eine Depression erfüllst, heißt das nicht, dass sie dich nun für immer begleiten wird. Es gibt viele Möglichkeiten, damit umzugehen.


Welche Behandlung ist die richtige für mich?

Überlege erstmal gut, welche Behandlung du nun in Anspruch nehmen möchtest. Auch, wenn es natürlich wichtig ist, Fachleute zu konsultieren, darfst du deine Intuition ebenfalls in die Entscheidungen miteinbeziehen. Medikamente können eine gute Idee sein, sie können aber auch abhängig machen und Probleme so verschärfen. Ein*e Therapeut*in, die dir eine Diagnose gestellt hat, kann anschließend eine super Therapie mit dir machen - oder eine, die nicht gut auf dich passt und dir nicht hilft. Eine Diagnose und auch eine Therapie sind keine Garantie für einen Erfolg - das heißt dann aber nicht, dass mit dir etwas nicht stimmt. Stell dich einfach darauf ein, dass du unter Umständen eben mehrere Personen oder Methoden ausprobieren musst, bevor es dir besser geht. [Mehr dazu, wie du dich für die richtige Person bzw. Behandlung entscheidest, liest du in diesem Artikel.]


Rechtlich gesehen dürfen dich bei einer Diagnose nur psychologische Psychotherapeut*innen, Psychiater*innen bzw. Heilpraktiker*innen für Psychotherapie behandeln. Coaching/Beratung darf natürlich begleitend stattfinden, aber kein Coach und kein*e Berater*in darf jemanden hinsichtlich einer bestimmten psychischen Störung behandeln, außer natürlich, ein entsprechender Hintergrund liegt vor. [Mehr zum Unterschied zwischen diesen Berufsbildern und Qualifikationen liest du in diesem Artikel.] Vielleicht möchtest du aber Wartezeit bis zu einer Therapie z. B. durch eine Beratung überbrücken, deine Therapie durch ein Coaching ergänzen oder du entscheidest dich bewusst ganz für ein Coaching/eine Beratung (selbst mit Diagnose bist du ja nicht zur Therapie verpflichtet). Einmal mehr gilt hier jedoch: bitte schau sorgfältig hin, bevor du dich für eine Begleitung durch eine bestimmte Person entscheidest, damit du nicht an jemanden gerätst, der/die dir falsche Heilversprechen macht und dir das Geld aus der Tasche zieht. Bitte kommuniziere die Diagnose auch der beratenden Person, denn auch sie hat das Recht, die Zusammenarbeit aus ihrer Verantwortung heraus abzulehnen.


Übrigens: Ich habe sowohl schon mit Personen gearbeitet, die eine Diagnose hatten und parallel in Psychotherapie waren, als auch mit "gesunden" Personen. Unabhängig davon gehe ich immer sehr individuell und ganzheitlich vor: was fehlt der Person jetzt gerade? Welche Bedürfnisse werden gerade nicht erfüllt? Welche Funktionen erfüllen ihre Verhaltens- und Denkweisen, egal ob Ängste, Zwangshandlungen oder Prokrastination? Was könnte ihr helfen, sich besser zu fühlen? Was wären Alternativen zu ihren aktuellen (belastenden) Strategien? Was bringt sie schon an Stärken mit, was klappt schon gut? Wie können wir ihre Realität von einem festgefahrenen, leidvollen, unzufriedenen Zustand hin zu ihrem Wunschzustand verändern? Wie können wir ihr Körpersystem (Hormone/Neurotransmitter, Nervensystem, Organe, ...) so unterstützen & in Balance bringen , dass es wieder gut funktioniert? Diese Ansätze einer Begleitung unterstützen in der Regel recht universell und ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade der Blick weg von der spezifischen Erkankung hin zum "großen Ganzen" manchmal sehr hilfreich sein kann :) Coaching funktioniert in allen Fällen.


Und was, wenn jemand in meinem Umfeld betroffen ist?

All das gilt natürlich auch, wenn nicht du betroffen bist, sondern jemand in deinem Umfeld. Wichtig: jemanden zur Psychotherapie oder zum Coaching zu "schicken", bringt meist eher wenig. Der Erfolg einer solchen Maßnahme hängt sehr von der Bereitschaft zur Mitarbeit und von der Veränderungsmotivation der Person ab, und die muss von innen kommen. Genauso wenig kannst du jemanden therapieren oder coachen, der oder die dir nahesteht, selbst wenn du meinst, das Problem von außen ganz klar sehen zu können. Zum Glück gibt es aber viele Anlaufstellen, auch Websites, auf denen Angehörige wertvolle Informationen zum Umgang mit psychischen Erkrankungen im Umfeld erhalten - wenn du unterstützen möchtest, dann ist das meist alles, was du tun kannst, hilft oft aber schon mehr, als du ahnst :) Und auch, wenn es manchmal hart ist, bitte bleibe geduldig und respektvoll. Selbst, wenn du z. B. meinst, schon mal etwas Ähnliches durchgemacht zu haben: jeder Mensch ist anders und hat sein eigenes Erleben, und wir können von außen nur erahnen, was die Person wirklich durchmacht. Aber: wenn du selbst Schaden durch die Situation nimmst, zieh bitte die notwendigen Grenzen, um DICH zu schützen. Pass da bitte gut auf dich auf.



Wenn du noch Fragen zum Umgang mit (d)einer Diagnose und zur Wahl zwischen Coaching oder Psychotherapie hast, schreib mir gerne!


Comments


bottom of page